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25. Mai 2018

OSG Baden-Baden gewinnt Stichkampf gegen Solingen

Teamchef Sven Noppes, Wolfgang Grenke, Rustam Kazimdzhanov, Visvanathan Anand, 1. Vorsitzender OSG, Patrick Bittner, Rdoslaw Wojtaszek, Michael Adams, Maxime Vachier-Lagrave, Fabiano Caruana, Etienne Bacrot. (V.l.n.r.) Es fehlt Peter Svidler. (Foto OSG Baden-Baden)

 

„Ein Finale, wie es spanender kaum hätte sein können“. So das einhellige Urteil vieler begeisterter Zuschauer, die Zeugen des knappen 4,5:3,5 –Erfolges der OSG Baden-Baden gegen die SG Solingen um die deutsche Meisterschaft geworden waren.  Und in der Tat: Nachdem FIDE-Schiedsrichter Jürgen Kohlstädt die Bretter frei gegeben hatte, entwickelte sich ein Kampf auf Biegen und Brechen zwischen zwei, wie OSG-Vorsitzender Patrick Bittner hinterher meinte, praktisch gleichwertigen Mannschaften.

Aber der Reihe nach:

Der Stichkampf war notwendig geworden, weil beide Mannschaften am 1.Mai punktgleich die Bundesligasaison beendet hatten.  Nur zwei Brettpunkte Vorsprung bescherten der OSG Baden-Baden für das Stechen Heimrecht.

Und so begrüßten Gastgeber und Mannschaftsführer Sven Noppes und der Vorsitzende der SG Solingen, Oliver Kniest, beide Mannschaften am vergangenen Donnerstag im Kristallsaal des Kulturhauses Lichtentaler Alle 8 in Baden-Baden. Es folgte eine Schweigeminute zum Gedenken an den wenige Tage zuvor unerwartet im Alter von 73 Jahren verstorbenen langjährigen Teamchef der Solinger Mannschaft, Herbert Scheidt.

Voller Punkt: Rustam Kazimdzhanov

(Forto: W. Siemon)

Voller Punkt: Rustam Kazindzhanov (Foto W.Siemon)

Nach dem Händedruck der 16 hochkarätigen Großmeister ging es los. Als erste beendeten  Exweltmeister Viswanathan Anand und der erfahrene niederländische Großmeister Loek van Wely an Brett 3 ihre Partie mit einem Friedensschluss. Dass Anand auf Baden-Badener Seite einen leichten Vorteil nicht in einen Sieg ummünzen konnte, schien bereits zu signalisieren, dass es ein zähes Ringen werden könnte. Dann jedoch brachte ein anderer Exweltmeister, Rustam Kazimdzhanov, in seiner Partie gegen Predrag Nikolic, mit der er sich hinterher selber zufrieden zeigte, die Kurstädter 1:0 in Führung. Es folgte der russische Weltklassespieler Peter Svidler mit einem Sieg  gegen van Welys Landsmann,  Jan Smeets, der in arge Zeitnot geraten war und in einer eigentlich ausgeglichenen Stellung den Faden verlor. Es hieß 2,5:0,5. Auch die Partien von Maxime Vachier-Lagrave, Michael Adams und Etienne Bacrot schienen zu Optimismus Anlass zu geben, so dass ein Stockwerk tiefer der Kommenator, Großmeister  Klaus Bischoff, bereits anfing, seine Baden-Badener Zuhörer hoffnungsfroh zu stimmen. Allein das vermeintlich stärkste OSG-Trumpf As, WM-Herausforderer  Fabiano Caruana, zweiter der Weltrangliste und frisch gebackener Sieger der Grenke Chess Classic, geriet an Brett eins gegen den Anish Giri aus den Niederlanden überraschenderweise zunehmend unter Druck. Baden-Badens polnischer Spitzenspieler Radolaw Wojtaszek, schien gegen einen drohenden Angriff seines Gegenübers Erwin L’Ami auf der Hut sein zu müssen.  Aber es gab ja, wie es den OSG-Fans zunächst erschien, die gut stehen Bretter. Aber dann zeigte sich die Widerstandskraft der Solinger Ausnahmekönner. Borki Predojevic hätte plötzlich den Partieverlauf auf den Kopf stellen und Michael Adams an den Rand einer Niederlage bringen können. Glück für Adams, dass der Bosnier die Gelegenheit verpasste und Adams in den sicheren Remishafen einlenken konnte. Dann entglitt Bacrot gegen Mads Andersen doch noch seine ursprünglich auf Gewinn stehende Position aus den Händen, und auch er konnte froh sein, dass er mit Materialnachteil eine nicht mehr zu knackende Auffangstellung aufbauen und Remis erreichen konnte. Und während Wojtaszek bewies, dass er trotz optisch verdächtig aussehender Stellung die Übersicht behalten hatte und ebenfalls ganz sicher das Unentschieden erspielte, scharte sich eine Zuschauertraube um das erste Brett, um zu erleben, wie Caruana, eigentlich als großer Verteidigungskünstler bekannt, nach einer Reihe ungenauer Züge in eine hoffnungslose Lage geriet und aufgeben musste.

Aber der Baden-Badener Sieg stand fest.

Voller Punkt:Peter Svidler

(Foto: W. Siemon)

Tiefes Durchatmen nicht nur bei den Spielern und dem Publikum, sondern vor allem auch bei Teamchef Sven Noppes. Er sprach anschließend von der härtesten Saison, die er bisher erlebt habe. Die Leistung der Solinger Mannschaft würdigend, die dem OSG-Team alles abverlangt habe, gab er zugleich zu verstehen, dass er besonders glücklich darüber sei, mit dem bisherigen Rekordmeister bei der Zahl der errungenen Titel gleichgezogen zu haben. „ Ein durchaus wichtiger Aspekt der Motivation“ erklärte er. Der Erfolg sei schließlich auch dadurch möglich geworden, dass es gelungen sei, die nahezu bestmögliche Aufstellung  der Baden-Badener Mannschaft für den Stichkampf  zusammenzustellen.

Auch Baden-Badens erster Vorsitzender, Patrick Bittner, zeigte sich vom Solinger Team beeindruckt. „Nicht umsonst hat der Verein schon zwölf Mal die Meistermannschaft gestellt“, bemerkte Bittner.

Gleichzeitig verhehlte er nicht seinen Stolz über das Baden-Badener  „Triple“: Erster Platz der Schachbundesliga- Mannschaft, der vor kurzem errungene Pokalsieg  und die elfte deutsche Meisterschaft des Frauenteams. Aber, betonte Bittner, all diese Spitzenleistungen seien für ihn kein Selbstzweck, sondern auch ein Mittel, um Schach in der Breite populär zu machen. Im Übrigen müsse man auch die Leistung der übrigen Bundesligamannschaften anerkennen, von denen viele die selbst gesteckten Ziele erreicht hätten.

Was folgte, war die Siegerehrung im Hof von LA8 bei kühlen Getränken. Der Gründer des OSG-Sponsors, GRENKE AG, Wolfgang Grenke, hatte es gerade noch rechtzeitig von einer Auslandsreise zurückgeschafft und strahlte „aus allen Knopflöchern“, als er jeden Spieler beider Mannschaften persönlich begrüßte.

Und dann die Worte des Präsidenten der Schachbundesliga, Markus Schäfer. Er erinnerte an den 4,5:3,5-Sieg Solingens in der regulären Begegnung in der abgelaufenen Ligasaison und griff anschließend in ein ganz hohes Regal: Die Schachbundesliga sei die stärkste der Welt und folglich die OSG Baden-Baden, der es gelungen sei, das Bundesligaergebnis gegen Rekordmeister Solingen im Stechen umzudrehen, das momentan beste Vereinsteam der Welt.

Schiedsrichter Kohlstädt überreichte die Medaillen: Silber für die Spieler der SG Solingen, Gold für die Großmeister der OSG Baden-Baden.

Anschließend ging’s zum Feiern in einem Baden-Badener Restaurant.

Der Link zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=DDca6qjgjDQ

(Walter Siemon)