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18. Oktober 2021

Der Bericht zur fünfzehnten Deutschen Meisterschaft

Deutscher Meister (von links): Sven Noppes, Michael Adams, Richard Rapport, Sergej Movsesian, Radoslaw Wojtaszek, Etienne Bacrot, Rustam Kasimdzhanov, Maxime Vachier-Lagrave, Yannick Gozzoli, Vadim Milov, Viswanathan Anand, Patrick Bittner.
(Foto Schachbundesliga.de)

Schachbundesliga: OSG Baden-Baden zum fünfzehnten Mal Deutscher Meister

Die Titelverteidigung gelang mit dem klaren Vorsprung von drei Mannschaftspunkten vor den überraschend starken Schachfreunden Deizisau.

Das Ergebnis sieht komfortabler aus als es in Wirklichkeit war. Die erschöpften Großmeister hatten eine so noch nie dagewesene Anstrengung hinter sich, darin waren sich Spieler wie Funktionäre einig. An vier Tagen waren sieben Runden zu absolvieren. Das bedeutete an drei Tagen Doppelrunden, also bis zu zehn Stunden höchste Konzentration am Schachbrett.

Nötig wurde dies wegen einer pandemiebedingten Unterbrechung des Spielbetriebs für achtzehn Monate.

Beim Abbruch im März 2020, durch Covid-19 erzwungen, hatte man beschlossen, für den Fall einer Besserung der Lage die Saison im Herbst 2021in einer zentralen Schlussveranstaltung in Berlin zu Ende zu spielen. Und so ist es geschehen. Vom 14.10. bis 17.10 hatten die Schachfreunde SF Berlin 1903 in ein großes Hotel eingeladen und das Schachfest organisiert. Dies ging nicht ohne die Unterstützung durch Sponsoren, unter anderen durch die Baden-Badener Grenke AG, die auch den Bundesligabetrieb der OSG und der Schachfreunde Deizisau ermöglicht.

Ausgangspunkt der Schlusskämpfe war der Tabellenstand bei Abbruch im März 2020. Und hier gab es zwei Spitzenreiter auf Augenhöhe: Den SV Hockenheim und die OSG Baden-Baden. Nur zwischen diesen beiden Clubs, so schien es, würde sich der Titelkampf entscheiden. Und genauso sah es in Berlin zunächst auch aus. Hockenheim und Baden-Baden marschierten fast parallel im Gleichschritt durch die Runden: OSG gegen Viernheim 5:3, Hockenheim gegen Hamburg ebenfalls 5:3. Baden-Baden ließ ein 7,5: 0,5 gegen Aachen folgen, Hockenheim ein 5,5:2,5 gegen Kiel, dann wieder ein 6:2 für beide Vereine: Die Kurstädter gegen Augsburg, die Rennstädter gegen Dresden. Wer anschließend die aus Baden-Badener Sicht höchst überraschende 3,5:4,5 Niederlage gegen den krassen Außenseiter FC Bayern München verfolgte, musste davon ausgehen, dass die Titelverteidigung für Baden-Baden nun deutlich erschwert sein würde. Aber auch Hockenheim verlor mit demselben Ergebnis gegen die Schachfreunde Berlin! Alles wieder im Gleichgewicht. In der folgenden Runde ließ eine volle Portion Glück die Anhänger der OSG zum ersten Mal tief durchatmen: Gegen die unerwartet starken Schachfreunde Deizisau hieß es an allen Brettern remis, bis auf eines, an dem von Exweltmeister Viswanathan Anand gegen den jungen Deizisauer Großmeister Andreas Heimann. Und nach vielen Fehlern – wie Anand selbst über seine Partie urteilte – hatte er Heimann schließlich doch niedergerungen. Hockenheim besiegte unterdessen Speyer-Schwegenheim 7,5:0,5, dasselbe Ergebnis, das später auch Baden-Baden gegen den rheinland-pfälzischen Verein erzielte. Und dann kam es zum Showdown zwischen Baden-Baden und Hockenheim. Nach Stunden zähen Ringens schien ein Unentschieden unausweichlich, was die Entscheidung noch einmal vertagt hätte. Während einer Saison der Schachbundesliga werden einige Tausend Züge über die Schachbretter geschoben – und dann kann ein einziger Zug die Vorentscheidung herbeiführen! Dem Gegner des Baden-Badener Spielers Etienne Bacrot, Rainer Buhmann, unterlief in einer nahezu ausgeglichenen Stellung, in der Bacrot den möglichen Sieg bereits ausgelassen hatte, ein kapitaler Bock. Seine Aufgabe ließ Hockenheims Niederlage nur noch als Formsache erscheinen. Dann jedoch fabrizierte auch ein Baden-Badener Spieler einen fetten Schnitzer: Radoslaw Wojtaszek verlängerte in einer plötzlich wackelig gewordenen Stellung unnötigerweise die Nervenschlacht. Als es „Radek“ durch geschickte Verteidigung aber gelang, die Partie in der Remisbreite zu halten, waren die Verhältnisse endgültig geklärt. Baden-Baden gegen Speyer war in der letzten Runde voraussehbar ein Spiel auf ein Tor, während Hockenheims Siegeswille gebrochen schien: auch gegen Deizisau setzte es zum Schluss noch ein 3:5, ein Rückfall auf Platz drei der Schlusstabelle.

Patrick Bittner, 1. Vorsitzender der OSG Baden-Baden hatte nur noch Worte der Erleichterung und der Freude nach überstandener Daueranspannung übrig. Auch OSG-Teamchef Sven Noppes‘ Kommentar zu Titel Nr. 15 enthielt schlichtweg nichts als pure Freude.

(Walter Siemon)