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13. Februar 2009

Anmerkungen von Eugen Schmidt zur Runde Nr. 6

Unser früheres Mitglied Eugen Schmidt möchte einige persönliche Anmerkungen zu den Berichten „Entscheidung nach Mitternacht“ und „Bezirksklasse: OSG V – SF Oos 4,5 – 3,5“ abgeben. Das ist sicher ungewöhnlich und sollte ein Einzelfall bleiben. Leider stützt er seine Partiekommentierung zur eigenen gewonnenen Partie nicht mit der Notation der Partie, so dass sich der Leser keine eigene Meinung bilden kann. Zu allen Äußerungen bleibt die Frage offen, wie interessiert die Leser daran überhaupt sind. Im übrigen gibt er sich die Antwort selbst, ein Vorteil von +1,18, auch mit altem Fritz 8, bedeutet im höheren Sinn schon eine Gewinnstellung. (Christian Bossert)

Anmerkungen von Eugen Schmidt, SF Oos, zu den Berichten „Entscheidung nach Mitternacht“ von Mannschaftsführerin WGM Katja Borulya und „Bezirksklasse: OSG V – SF Oos 4,5 – 3,5“ von Dr. Patrick Bruns.
1.) „Leider waren auch unser 4. Brett Patrick Bruns und unser 7. Brett Andrea Srokovskiy gesundheitlich nicht wirklich fit. Das ging auf die Konzentration und führte zum Verlust der Partien.“
Nach einem glücklichen Mannschaftssieg wäre es wohl angezeigt, die Leistungen des Gegners nicht noch zusätzlich zu schmälern, indem man seine partiellen Erfolge mit außerschachlichen Argumenten abwertet.
Bei meinen über 100 gespielten Turnieren sagten mir Mitspieler in „Open-Turnieren“ öfters: „Es ist schon komisch im Schachbetrieb, ich glaube ich habe noch nie gegen einen Gegner gewonnen, weil ich gut gespielt habe. Immer erklärten mir die Verlierer, sie wären krank, sie hätten schlecht geschlafen, sie hätten zuviel Medikamente oder zuviel Alkohol zu sich genommen, sie hätten zuviel oder zuwenig (…) gehabt, etc., etc.
Ich habe sie immer damit zu trösten versucht, indem ich darauf hinwies, dass Schach eben nicht nur Sport ist, wobei es üblich ist, die momentan gezeigte bessere Leistung des Gegners anzuerkennen. Und daß viele Spieler aus psychologischen Gründen die Notwendigkeit verspüren, eigene Mißerfolge zu externalisieren.
Warum aber eine Mannschaftsführerin nicht etwas objektiver und dem Gegner gegenüber fairer berichtet, ist mir weniger verständlich.
2.) „Ein glücklicher aber nicht unverdienter Sieg…“. Eine im Sportjournalismus übliche Floskel, aber rational richtig ist doch
wohl: Entweder glücklich oder verdient. Sind wir Schachspieler genauso irrational wie Politiker oder Journalisten, die immer meinen, alles sei möglich und auch das Gegenteil davon? Wir sind doch hoffentlich etwas rationaler! Mir scheint – auch wenn man davon ausgeht, daß alle Schachspieler auf diesem Niveau als „Patzer“ bezeichnet werden können – dass nach den Ereignissen an Brett 1 (James Robert Fischer: “ I will crash him“) und Brett 5, das Fazit „glücklicher Sieg“, das einzige sportlich korrekte Beurteilung für den zur Diskussion stehenden Mannschaftskampf ist.
Diese Feststellung stellt nicht in Abrede, daß wegen der schachlichen sowie auch außerschachlichen „Statur“ der Mannschaftsspieler des OSG Baden-Baden auch zukünftig ein Sieg dieser Mannschaft wahrscheinlicher bleiben wird als ein Sieg der SF Oos.
3.) „Und der Unterzeichner vertändelte eine Gewinnstellung gegen Eugen Schmidt.“
Eine verblüffende Feststellung, die wohl auf einer ad hoc- Analyse im Spielsaal mit Rodo K. basiert, der nach seinem Sieg in sehr euphorischem Gemütszustand eine durchaus naheliegende logische Partiefortsetzung vorschlug.
Die direkt Betroffenen hatten aber nach der Partie außerhalb des Spielsaals zu zweit recht ausführlich und nüchtern analysiert und dabei auch offen die strategischen Ideen ausgetauscht. Mein Gegner hatte sich, mit weiß spielend, eine optisch recht vielversprechende Angriffsstellung in einem Sizilianer mit e4, f4, g4 und Dh4 aufgebaut, bot aber trotzdem nach dem 7. Zug und dann nach dem 19. Zug remis an. Meine Ablehnung hätte ihm zeigen können, daß ich trotzdem auf Sieg spielte. Ohne detaillierte Theoriekenntnisse in diesem Abspiel erinnerte ich mich an ähnliche Stellungstypen aus dem Vierbauern-Angriff im Königsinder, beseitigte unter Bauernopfer den gegnerischen weißen Läufer auf der Diagonalen
a2 – g8 und schuf mir damit die Möglichkeit, gegebenenfalls f5 zu spielen und damit zu verhindern, daß der gegnerische schwarze Läufer den Königsangriff ohne Tempoverlust sofort unterstützen kann.
Mein Gegner erkannte wohl zu recht, daß damit der Königsangriff beendet ist, sackte lieber die im Zentrum „hängende“
Figur ein und begann sich auf Scharmützel am Damenflügel einzulassen, der wohl auch objektiv betrachtet eher meine erwünschte „Spielwiese“ war.
Fazit: Rodo K. hatt wohl recht, wer A sagt sollte auch B sagen. Mit anderen Worten: Wer einen Königsangriff mit entsprechender (für Verteidigungszwecke geschwächter) Bauern- und Figurenaufstellung wählt, sollte seinen Weg auch bis zum bitteren Ende gehen. Eine Änderung der Strategie ist bei einer derartigen Aufstellung fast immer mit einer Niederlage verbunden, wenn es zu einem Endspiel kommt!
Obwohl ich kein Turnierschach mehr spiele, wollte ich der Aussage zu einer „vertändelten Gewinnstellung“ auf den Grund gehen und konsultierte ausnahmsweise Hilfquellen! Zwei „kluge“ wenn auch etwas ältere „Maschinen“
(Fritz 8 und MX8) zeigen nach meinem gewollten Bauernopfer einen Vorteil für den Gegner von 1,16 – dies ist der maximal angezeigte Vorteil für Weiß in der gesamten Partie. Ab Zug 24 wird stetig wachsender Vorteil für Schwarz angezeigt, der bei Zug 33 etwa bei etwa 2 liegt, bei Zug 40 bei 5 und vor Partieaufgabe bei Zug 48 bei 14.
Eugen Schmidt, SF Oos.