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4. März 2019

Unsere Bundesligateams in Berlin

Große Enttäuschung bei den Frauen und  mit „blauem Auge“ davongekommen– so lässt sich für die OSG Baden-Baden das lange
Wochenende in Berlin zusammenfassen.
Die zentrale Veranstaltung an den ersten drei Tagen dieses Monats im Berliner Hotel „Maritim“ bot den Teams der Kurstadt
zwar einen glanzvollen äußeren Rahmen, aber nur bescheidene bis durchwachsene Ergebnisse.  In der Frauen-Bundesliga mussten die Titelverteidigerinnen von der Oos die Krone an das Sextett einer anderen Kurstadt abtreten, den SC Bad Königshofen, der damit nach 2014 die deutsche Meisterschaft zum zweiten Mal errang. Zwar war es absehbar, dass sich die Unterfränkinnen mit der maximalen Ausbeute von 6 Punkten aus den letzten drei Runden den Pokal holen würden, aber dass die Spielerinnen aus Baden-Baden am Ende mit der 2,5:3,5 Niederlage gegen die Dauerrivalinnen aus Schwäbisch Hall, gegen die man zum Abschluss der vergangenen Saison noch triumphiert hatte, auf den vierten Tabellenplatz abrutschen und damit ihr bisher schlechtestes Bundesliga-Ergebnis einfahren würden, war so nicht vorgesehen. Für den noch angestrebten zweiten Tabellenplatz wäre am Ende ein Sieg nötig gewesen – die Ergebnisumkehrung an einem einzigen Brett. Teamchef Thilo Gubler sprach denn auch von einer „verkorksten“ Saison und weiß sich mit dem OSG-Vorstand darin einig, dass man die Lage gründlich analysieren und Schlüsse daraus ziehen werde, die zum Neustart im Herbst wieder in Richtung Titelgewinn führen sollen. Im Rückblick auf die jetzt beendete Spielzeit gab es aus Gublers Sicht vor allem einen herausragenden Faktor, der zum Abrutsch entscheidend beitrug: die völlig überraschende Niederlage gegen Hamburg in der sechsten Runde, trotz nahezu optimaler Besetzung, die den Bad Königshofenerinnen den entscheidenden Vorsprung verschafft hatte. Die Schlussergebnisse der OSG-Frauen  in Berlin – Unentschieden gegen Deizisau, Sieg gegen Karlsruhe und Niederlage gegen Schwäbisch Hall – taten im Kern nichts mehr zur Sache. Die Glückwünsche der OSG an die Spielerinnen aus Bad Königshofen, die gegen Hofheim, Lehrte und Pankow noch einmal von Sieg zu Sieg geeilt waren erkannten an, dass der Titelgewinn verdient war. In der Schachbundesliga hat die OSG Baden-Baden mit achtzehn Mannschaftspunkten die Spitze knapp behauptet, Co-Titelrekordhalter Solingen hat jedoch aufgeschlossen und eine Neuauflage des Stichkampfes der letzten Saison ins Blickfeld geschoben. Dicht herangerückt ist mit siebzehn Punkten der SV Hockenheim. Da Baden-Baden und Solingen noch gegeneinander antreten müssen, sind Zahlenspiele möglich geworden, die sogar einen Dreier-Stichkampf zum Ergebnis haben könnten, da Brettpunkte in der Endabrechnung der Schachbundesliga nicht zählen. Der erste Gegner der OSG  war bereits ein harter Brocken: die Schachfreunde Deizisau, die schon durch die Aufstellung unmissverständlich signalisierten, dass sie nicht gekommen waren, um als Kanonenfutter herzuhalten. Die Statistiker müssen herausfinden, ob es schon mal vorgekommen ist, dass die ersten zwei Bretter der OSG gleichzeitig verloren haben: Vizeweltmeister und Nummer zwei der Weltrangliste, Fabiano Caruana gegen den ungarischen Spitzengroßmeister und früheren Vizeweltmeister Peter Leko, sowie der französische Spitzenspieler und die aktuelle Nummer neun der Welt, Maxime Vachier –Lagrave gegen den mehrfachen US-Meister und ehemaligen Weltpokalgewinner Gata Kamsky. Besonders Kamskys gut berechnete Gewinnführung gegen Vachier-Lagrave ließ die Schachfans mit der Zunge schnalzen. Caruana hatte zu forsch angegriffen und war kompakt ausgekontert worden. Auch wenn Levon Aronian zunächst ein leichter Sieg gegen Georg Meier gelungen war, sah es gefährlich nach einer Niederlage der OSG aus, die wahrscheinlich alle Titelträume frühzeitig hätte platzen lassen. Als es nach einem Arbeitssieg von Radoslav Wojtaszek und nach Punkteteilungen bei Peter Svidler , Francisco Vallejo Pons sowie Etienne Bacrot   unentschieden stand, war es schließlich Exweltmeister Viswanathan – „Vishy“ – Anand, der zur Erleichterung  des OSG-Anhangs seinen Gegner an Brett drei in mühsamen 55 Zügen niederrang und den Gesamtsieg sicherte.

Fabiano Caruana, r., gegen Samuel Shankland

Am nächsten Tag steigerte sich die Spannung für die Spieler und die zahlreich zuschauenden Fans in eine spürbar „knisternde“ Atmosphäre: OSG-Baden-Baden gegen den titelhungrigen SV Hockenheim. Die „Rennstädter“ waren mit einer derart starken Mannschaft angereist – an der Spitze der Shootingstar der Szene, US-Meister Samuel Shankland – dass es zu der – nach Elozahlen, den Leistungskennzahlen der Schachspieler – hochkarätigsten  Begegnung in der Geschichte der Schachbundesliga kam. Baden-Baden hatte alle acht Bretter mit Super-Großmeistern über 2700 Elo-Punkten besetzt – ein Showdown, bei dem an den ein oder anderen Stellen durchaus beiderseitige Chancen für bessere Züge bestanden, bei dem man begreiflicherweise aber allzu großen Risiken aus dem Weg ging. Alle Partien endeten unentschieden. Auch Arkadij Naiditsch kam nach 137 Zügen und sechstündigem Kampf  nicht über ein Remis hinaus. Hockenheim hatte Baden-Baden einen wichtigen Punkt im Titelrennen entführt; es sollte nicht der einzige bleiben: Der überraschend starke Aufsteiger SC Viernheim trotzte der der OSG ein 4:4 Unentschieden ab. Hier war es „Vishy“ Anand, zwei Tage vorher noch Matchwinner, der nach einem Versehen in der Eröffnung rasch verlor und Baden-Baden damit in arge Verlegenheit brachte. Auch Arkadij Naiditsch, sonst einer der verlässlichsten Punktesammler der OSG Baden-Baden, konnte nach Materialverlust seine Niederlage nicht mehr aufhalten. Es waren schließlich Francisco Vallejo Pons und Etienne Bacrot, die an den hinteren Brettern mit ihren Siegen einen Punkt für Baden-Baden retteten. Caruana, Vachier-Lagrave, Aronian und Rapport mussten jeweils in die Punkteteilung einwilligen. Mit den Gegnern Hamburg, Kiel, Solingen und Düsseldorf wartet ein schweres Restprogramm auf die Schachstars von der Oos. Im Rahmenprogramm fand ein Blitzturnier mit fast 300 Teilnehmern, darunter über 20 Großmeister und zahlreiche sonstige Titelträgerinnen und Titelträger statt, das vom Favoriten, Vizeweltmeister Fabiano Caruana, gewonnen wurde. Auf einem beachtlichen zehnten Platz landete Großmeister Roland Schmaltz, Turnierleiter bei der OSG Baden-Baden und Mitglied der Zweitbundesliga-Mannschaft. Text und Foto:Walter Siemon